Népal

Hoffnungsvolle Perspektiven im eigenen Land

19.12.2024
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5
Min.
Drei Personen gehen eine Naturstrasse hinunter und tragen viel Stroh auf dem Rücken.

Nepal und seine Menschen stehen inmitten vieler Herausforderungen. Grosse Teile des Landes sind durch die hohen Berge oder den Dschungel schwer zugänglich und es gibt immer wieder Erdrutsche oder Erdbeben.

Politisch ist es momentan ruhiger geworden, nachdem das Land turbulente Zeiten durchgemacht hat. Doch was einem schnell auffällt, ist die enorme Abwanderung von meist jungen Leuten. Jeden Tag verlassen bis zu 3’000 Menschen das Land auf der Suche nach Hoffnung, einem besseren Leben und einer Zukunft für sich und die Familie. Jede Familie, mag sie auch noch so abgelegen leben, hat Familienangehörige im Ausland und viele sind von deren Geldüberweisungen abhängig: für die Kinder, die zur Schule gehen, für die Grossmutter, die ihre Medizin braucht oder einfach fürs tägliche Überleben. Einige Nepali können im Ausland Fuss fassen, andere bleiben billige Arbeitskräfte und viele werden ausgenützt. Gleichzeitig fehlen diese Arbeitskräfte für ein gesundes Wachstum der Wirtschaft in Nepal (Brain Drain). Ausserdem bringt dieser legale und illegale Exodus viel Elend und Leid: Kinder wachsen ohne die Eltern auf, Ehepaare leben getrennt oder Menschen werden irgendwo im Ausland zu modernen Sklaven. So schuften sie beispielsweise in der Hitze auf Baustellen auf der arabischen Halbinsel oder bleiben im Sexgewerbe stecken und tragen lebenslange Schäden an Seele und Körper davon. Doch die Suche und die Hoffnung auf ein besseres Leben wirken wie ein Magnet.

Die Landwirtschaft ist mühevolle Arbeit

Eine echte Alternative anbieten

So haben wir im ProEDUCATION Skills Training zusammen mit unseren lokalen Partnerorganisationen (NGO der lokalen Kirchen) daraus Schlüsse gezogen und ein Vorgehen geplant. Wir nennen es «Fit 2 Work» und bieten damit Menschen eine Perspektive, indem sie eine vom Staat anerkannte Anlehre absolvieren können. Ein integrierter Bestandteil ist das darauffolgende Business Training, denn eine Fertigkeit, also Skills Training, allein genügt nicht. Man muss diese heutzutage umwandeln können, damit man einen Lohn daraus ziehen kann, sei dies als Angestellter oder als Selbständiger. In diesem Jahr haben wir ein achtmonatiges Pilotprojekt durchgeführt, bei dem 40 Männer und Frauen aus dem abgelegenen Hinterland die Chance bekamen, eine Anlehre in den Bereichen Gastgewerbe oder Elektrik zu absolvieren. Anlässlich meiner Reise im November hatte ich die Gelegenheit, mit Teilnehmenden zu sprechen und das Projekt zu begutachten. Die Rückmeldungen sind sehr ermutigend, wie die drei folgenden Beispiele zeigen.

Die Chance gepackt

Nanumae ist 22 Jahre alt und kommt aus einem Stamm, dessen Mitglieder früher als Waldnomaden lebten (siehe Nepal NEWS vom Oktober 2023). Seit einigen Jahren ist der Stamm sesshaft geworden. Schon für die älteren Menschen ist die neue Welt eine Herausforderung, aber für die jüngeren ist sie eine unumgehbare Realität, mit der sie sich auseinandersetzen müssen. Nanumae gehört zu denjenigen, die die Chance gepackt haben. Nach der Anlehre im Gastgewerbe und mit einem anerkannten Diplom in der Tasche hat sie eine Anstellung in einem Guesthouse gefunden. Sie kocht, putzt und kümmert sich um die Gäste. Dafür erhält sie einen Lohn und Anerkennung und hilft mit, ihre Familie zu unterstützen. Ihre Situation ist noch nicht ganz optimal, aber sie hat nun Hoffnung und eine Perspektive. Nach einer Zeit der Anstellung und der Sammlung von Berufserfahrung will sie sich selbständig machen.

Kochunterricht

Schluss mit Schaufeln und schwerem Schleppen

Prasanna, der Sohn des Predigers der Waldgemeinde, ist 21 Jahre alt. Er war es sich gewohnt, als weniger gut ausgebildete Person einer untersten Kaste als Tagelöhner auf den Baustellen und im Strassenbau von Hand zu schaufeln und Schwerstarbeit zu leisten. Das Einkommen war nie gewiss. Gab es Arbeit, gab es etwas Einkommen, wenn keine Arbeit gefunden werden konnte, gabs auch kein Geld. Heute, nach der Anlehre als Elektriker mit einem Niveau 1 Diplom, arbeitet er auf dem Bau als Elektriker und hat ein festes Einkommen. Sein Ziel ist es, nach einem Jahr Berufserfahrung das Elektriker-Diplom Niveau 2 zu absolvieren, um beruflich vorwärtszukommen.

Ein eigenes Elektrogeschäft

Endlich anerkannt!

Babu ist bereits rund 40 Jahre alt. Viele Jahre lang hielt er sich und seine Familie mit Elektrikerarbeiten im Dorf über Wasser. Er hatte jedoch keinen Abschluss und so war es schwierig für ihn, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Als er von unserer Partnerorganisation für die Schulung angefragt wurde, hat er sofort zugesagt. Von sich aus hätte er es nicht geschafft, ein solches Training zu absolvieren – die finanziellen Möglichkeiten waren nicht vorhanden. Nach dem Abschluss konnte er sein eigenes Unternehmen registrieren und erweitern. Zusätzlich zu den Arbeiten auswärts hat er jetzt ein Elektrogeschäft bei sich zu Hause und bietet Reparaturen von Alltagsgegenständen (Ventilatoren, Lampen, Geräte etc.) an. Sein Wunsch ist es, sein Geschäft so zu vergrössern, dass er Mitarbeitende anstellen kann.

Durch die Projekte von ProEDUCATION kommen Menschen in Kontakt mit Christen und es ist unser Wunsch, dass sie dadurch etwas von Gottes Liebe erfahren dürfen. Wir halten die Augen offen, wo Gott noch mehr Türen öffnet und hoffen, bald auch Mitarbeitende aus der Schweiz senden zu können. Herzlichen Dank für euer Interesse und eure Unterstützung.
David Keller, Länderverantwortlicher Asien

SAM global
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